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Die Top-Erreger bei Rückrufen 2025 und was wir daraus lernen müssen

vom 27. September 2025

Unsichtbare Gefahr im Lebensmittelregal

Lebensmittelrückrufe sind für Verbraucherinnen und Verbraucher oft ein Schock und für Unternehmen ein Imageschaden, der sich nur schwer korrigieren lässt. 2025 hat erneut gezeigt: Die größten Gefahren lauern nicht in exotischen Zusatzstoffen oder unbekannten Chemikalien, sondern in altbekannten mikrobiologischen Erregern. Salmonella, Listeria monocytogenes und Shigatoxin-bildende E. coli gehören nach wie vor zu den Hauptursachen für Rückrufe. Sie sind unsichtbar, tückisch und potenziell lebensgefährlich.

Doch was steckt hinter diesen Erregern? Welche Produkte sind besonders anfällig und warum bleibt der Mensch trotz modernster Technik das wichtigste Element in der Lebensmittelsicherheit?

Salmonellen – alte Bekannte mit neuer Kraft

Salmonella zählen zu den bekanntesten Erregern, die mit Lebensmitteln in Verbindung gebracht werden. Eine Infektion äußert sich durch Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Fieber und Erbrechen. Für gesunde Erwachsene ist dies meist unangenehm, für Kinder, ältere Menschen oder immungeschwächte Personen kann es jedoch gefährlich bis lebensbedrohlich sein.

2025 wurde erneut sichtbar: Salmonellen finden sich längst nicht mehr nur in rohem Geflügel oder Eiern, sondern auch in Gewürzen, Kräutern, Nüssen und pflanzlichen Produkten. Ein Grund dafür liegt in den globalen Lieferketten. Schon minimale Verunreinigungen während des Anbaus, etwa durch kontaminiertes Wasser oder unsaubere Erntebedingungen, können ausreichen, um ganze Chargen zu belasten.

Für die Praxis bedeutet das: Salmonella sind nicht auf tierische Produkte beschränkt. Schulungen müssen verdeutlichen, dass auch „trockene“ Lebensmittel keine Sicherheit garantieren. Nur eine konsequente Betrachtung aller Stufen der Wertschöpfungskette schützt vor unliebsamen Überraschungen.

Listerien – hartnäckig und lebensgefährlich

Listeria monocytogenes gelten als besonders heimtückisch. Sie können nicht nur bei Zimmertemperatur wachsen, sondern auch bei Kühlung überleben und sich sogar langsam vermehren. Besonders anfällig sind Produkte mit längerer Haltbarkeit, wie Räucherfisch, Käse, Aufschnitt oder verpackte Feinkostartikel.

Listerien sind deshalb so gefährlich, weil sie schwere Erkrankungen auslösen können, insbesondere bei Schwangeren, Neugeborenen, älteren Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem. Schon geringe Keimmengen reichen aus, um Infektionen hervorzurufen.

In der Produktion stellen Listerien eine besondere Herausforderung dar: Sie nisten sich in schwer zugänglichen Bereichen von Anlagen und Gebäuden ein, in Bodenabläufen, Schneidemaschinen oder kleinsten Ritzen, die schwer zu reinigen sind. Deshalb sind Hygienic Design, konsequente Reinigungspläne und strenge Desinfektionsmaßnahmen unverzichtbar. Technik allein genügt jedoch nicht. Entscheidend ist, dass Mitarbeitende verstehen, wo die Gefahrenherde liegen und wie sie diese im Alltag wirksam beseitigen können.

Shigatoxin-bildende Escherichia coli – unterschätzte Gefahr

Während Salmonellen und Listerien seit Jahrzehnten im Fokus stehen, sind Shigatoxin-bildende E. coli (STEC) in den letzten Jahren stärker in Erscheinung getreten. Diese Bakterien können nicht nur heftige Durchfälle auslösen, sondern im schlimmsten Fall auch das lebensgefährliche hämolytisch-urämische Syndrom (HUS).

Besonders heimtückisch ist die geringe Infektionsdosis. Schon wenige Keime können ausreichen, um schwere Erkrankungen hervorzurufen. 2025 traten STEC vor allem in pflanzlichen Produkten wie Sprossen auf, aber auch in Rohwürsten oder nicht ausreichend erhitzten Fleischwaren.

Gerade Sprossen verdeutlichen das Problem: Sie werden in einer feuchtwarmen Umgebung gezogen – Bedingungen, die nicht nur das Pflanzenwachstum fördern, sondern auch Keimen perfekte Vermehrungsmöglichkeiten bieten. Ohne konsequente Hygienemaßnahmen, Kontrollen und mikrobiologische Untersuchungen sind sie ein hohes Risiko.

Für Unternehmen ist es entscheidend, Mitarbeitende aufzuklären: E. coli sind nicht bloß ein theoretisches Risiko, sondern eine reale Bedrohung, die im Alltag immer wieder relevant wird.

Kreuzkontamination – der gemeinsame Nenner

So unterschiedlich die Erreger auch sein mögen, die Ursachen für ihre Verbreitung ähneln sich häufig. Eine der größten Gefahrenquellen ist die Kreuzkontamination. Ein einziges nicht gründlich gereinigtes Messer, eine fehlerhafte Hygieneschleuse oder eine unzureichend desinfizierte Maschine reichen aus, um Keime von einem Produkt auf ein anderes zu übertragen.

Besonders problematisch ist die Routine. Wer Produktionsabläufe verinnerlicht hat, neigt zu Abkürzungen. Ein nicht desinfizierter Löffel „nur mal eben“, ein vergessenes Händewaschen oder die falsche Nutzung von Reinigungstüchern, kleine Nachlässigkeiten können große Folgen haben.

Hier zeigt sich der Kern einer funktionierenden Lebensmittelsicherheitskultur: Hygiene darf kein lästiges Übel sein, sondern muss als selbstverständlicher Bestandteil des Arbeitsalltags verstanden werden. Es geht darum, dass alle im Betrieb begreifen, dass ein kleiner Fehler lebensgefährlich sein kann und dass Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit den Unterschied machen.

Schulungen – Wissen schafft Sicherheit

Technische Ausstattung, moderne Analytik und Zertifizierungssysteme sind wichtig – doch ohne geschultes Personal bleiben sie wirkungslos. Rückrufe entstehen oft nicht, weil es an Systemen fehlt, sondern weil diese nicht konsequent umgesetzt werden.

Praxisnahe Schulungen sind deshalb das Fundament der Lebensmittelsicherheit. Dabei kommt es nicht nur darauf an, Wissen zu vermitteln, sondern dieses so aufzubereiten, dass es im Alltag verankert wird:

  • Verständnis statt Auswendiglernen: Nur wer den Sinn hinter einer Maßnahme versteht, wird sie konsequent anwenden.

  • Praxisbezug: Theoretische Vorträge sind schnell vergessen. Reale Beispiele aus dem Betrieb machen Schulungen lebendig und nachhaltig.

  • Regelmäßigkeit: Einmalige Unterweisungen genügen nicht. Wiederholung, Auffrischungen und kurze Reminder halten das Thema präsent.

  • Interaktive Formate: Diskussionen, Rollenspiele oder Gruppenarbeiten fördern den Austausch und machen Wissen greifbar.

Besonders wichtig ist es, neue und temporäre Mitarbeitende intensiv einzuweisen. Wer von Beginn an das richtige Verhalten erlernt, verinnerlicht es dauerhaft. Umgekehrt sind einmal eingeschliffene Fehler später nur schwer wieder zu korrigieren.

Lebensmittelsicherheitskultur – mehr als ein Schlagwort

Die Erfahrungen aus 2025 zeigen deutlich: Eine gelebte Lebensmittelsicherheitskultur ist keine freiwillige Zusatzleistung, sondern eine unverzichtbare Grundlage. Standards wie ISO 22000 oder der IFS fordern ausdrücklich, dass Unternehmen nicht nur über Systeme verfügen, sondern auch eine Kultur schaffen, in der Lebensmittelsicherheit selbstverständlich ist.

Das bedeutet:

  • Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn sie Hygieneregeln selbst nicht ernst nehmen, wird es auch niemand anderes tun.

  • Offene Kommunikation ist entscheidend. Fehler und Beinahe-Vorfälle müssen gemeldet und analysiert werden dürfen, ohne Angst vor Sanktionen.

  • Kontrollen und Audits sollten nicht nur Zahlen abfragen, sondern auch hinterfragen, wie bewusst Mitarbeitende mit Hygienefragen umgehen.

Eine gute Sicherheitskultur ist dann erreicht, wenn Mitarbeitende von sich aus handeln: wenn sie Kollegen freundlich auf Hygieneschritte hinweisen, wenn sie Probleme sofort melden und wenn sie stolz darauf sind, zur Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher beizutragen.

Unsichtbar, aber nicht unkontrollierbar

Die großen Rückrufursachen des Jahres 2025 haben gezeigt: Es sind die bekannten Erreger, die uns am meisten beschäftigen. Salmonellen, Listerien und Shigatoxin-bildende E. coli werden auch in den kommenden Jahren die Lebensmittelbranche herausfordern.

Die entscheidende Frage lautet daher nicht, ob diese Keime existieren, sondern wie wir ihnen begegnen. Prävention, Hygiene, eine konsequente Fehlerkultur und vor allem Schulung sind die wirksamsten Instrumente.

Unternehmen müssen verstehen: Rückrufe sind mehr als nur ein finanzielles Risiko. Sie zerstören Vertrauen, schädigen Marken langfristig und gefährden im schlimmsten Fall Menschenleben. Die Investition in Lebensmittelsicherheit ist deshalb nicht optional, sondern existenziell.

Die Botschaft ist eindeutig: Lebensmittelsicherheit ist keine technische Maßnahme, sondern eine Haltung. Sie beginnt bei jedem einzelnen Mitarbeitenden, in jedem Prozess, Tag für Tag. Nur wenn dieses Bewusstsein gelebt wird, können wir die unsichtbaren Gefahren in den Griff bekommen – und das Vertrauen der Verbraucher dauerhaft sichern.