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Lebensmittelrecht 2025 – Klarheit, Sicherheit und Verantwortung in der Lebensmittelkette

vom 21. September 2025

Das Lebensmittelrecht bildet das Fundament für Sicherheit, Qualität und Transparenz entlang der gesamten Lebensmittelkette. In Deutschland wie auch in der Europäischen Union entwickelt sich dieses Rechtsgebiet dynamisch weiter, um auf neue Verbraucherbedürfnisse, wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Entwicklungen zu reagieren. Wer Lebensmittel herstellt, verarbeitet oder vertreibt, bewegt sich in einem hoch regulierten Umfeld, in dem Fehler schnell gravierende Konsequenzen haben können – von behördlichen Maßnahmen bis hin zu Rückrufen und Imageschäden. Der aktuelle Stand des Lebensmittelrechts im Jahr 2025 verdeutlicht, wie komplex, aber auch wie klar die Vorgaben sind.

Die Lebensmittelinformations-Verordnung als zentrales Regelwerk

Die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV, VO (EU) Nr. 1169/2011) ist das Herzstück der Kennzeichnungspflichten in der Europäischen Union. Sie regelt, welche Angaben auf Lebensmittelverpackungen zwingend vorhanden sein müssen: von der Verkehrsbezeichnung über die Zutatenliste bis hin zu Allergenen, Mindesthaltbarkeitsdatum und Nährwertdeklaration. Das Ziel ist klar: Verbraucher sollen jederzeit in die Lage versetzt werden, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen. Seit den letzten Änderungen, die bis April 2025 konsolidiert wurden, rückt insbesondere die Lesbarkeit und Klarheit von Informationen noch stärker in den Fokus. Unternehmen stehen damit nicht nur in der Pflicht, umfassende Angaben zu machen, sondern diese auch verständlich und gut sichtbar darzustellen.

Gesundheitsbezogene Angaben unter strenger Kontrolle

Eng mit der LMIV verknüpft ist die Health-Claims-Verordnung (VO (EG) Nr. 1924/2006). Sie regelt, welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Aussagen überhaupt auf Verpackungen oder in der Werbung verwendet werden dürfen. Grundlage hierfür ist das von der Europäischen Kommission geführte Register zulässiger Claims. Nur wissenschaftlich abgesicherte Aussagen, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet und zugelassen wurden, dürfen verwendet werden. Diese strengen Vorgaben verhindern, dass Verbraucher mit vollmundigen, aber unbewiesenen Gesundheitsversprechen getäuscht werden. Für Unternehmen bedeutet das: Jede Angabe muss überprüft, genehmigt und korrekt umgesetzt sein, sonst drohen empfindliche Sanktionen.

Bio-Produkte unter neuem Rechtsrahmen

Ein weiterer zentraler Baustein ist das europäische Bio-Recht. Mit der Öko-Basisverordnung (VO (EU) 2018/848) hat die EU seit 2022 einen modernen Rahmen für ökologische Erzeugung, Verarbeitung und Kennzeichnung geschaffen. Sie ersetzt die frühere Basisverordnung aus dem Jahr 2007 und bringt strengere Regeln für Bio-Betriebe mit sich. Dazu gehören klarere Vorgaben für Tierhaltung, Stall- und Auslaufbedingungen, die Verwendung von Betriebsmitteln und Importregelungen für Waren aus Drittländern. Die Zielrichtung ist eindeutig: Mehr Transparenz und Glaubwürdigkeit für Bio-Produkte, die sich am Markt durch eine wachsende Nachfrage auszeichnen. Für die Praxis bedeutet das eine engmaschige Kontrolle, die Unternehmen zwingt, ihre Prozesse regelmäßig auf Konformität zu prüfen.

Zusatzstoffe und Aromen – detailliert geregelt

Lebensmittel, die Zusatzstoffe oder Aromen enthalten, unterliegen eigenen Regelungen. Die Zusatzstoff-Verordnung (VO (EG) Nr. 1333/2008) und die Aromen-Verordnung (VO (EG) Nr. 1334/2008) definieren genau, welche Stoffe zugelassen sind, in welchen Mengen sie eingesetzt werden dürfen und wie sie zu kennzeichnen sind. Die zugelassenen Substanzen werden regelmäßig überprüft, ergänzt oder gestrichen, um dem Stand der Wissenschaft zu entsprechen. In der Praxis bedeutet dies, dass Hersteller fortlaufend prüfen müssen, ob eingesetzte Zusatzstoffe weiterhin zulässig sind und ob die Kennzeichnung den Vorgaben entspricht. Schon kleine Verstöße können zu behördlichen Beanstandungen führen.

Geografische Angaben und Qualitätsregelungen

Mit der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 schützt die EU geografische Angaben und Qualitätsbezeichnungen. Bekannte Beispiele sind „Schwarzwälder Schinken“ oder „Champagner“. Diese Bezeichnungen stehen nicht nur für eine Herkunft, sondern für ein besonderes Qualitätsversprechen, das rechtlich abgesichert ist. Die Anforderungen betreffen sowohl die Herstellungsbedingungen als auch die Vermarktung. Für Produzenten eröffnen sich dadurch Chancen, ihre Produkte klar abzugrenzen und wertzuschöpfen – vorausgesetzt, sie halten die strengen Vorgaben ein.

Novel Food – Innovationen unter Beobachtung

Gerade im Bereich der Lebensmittelinnovation spielt die Novel-Food-Verordnung (VO (EU) 2015/2283) eine Schlüsselrolle. Sie regelt den Umgang mit neuartigen Lebensmitteln, also solchen, die vor dem Jahr 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der EU verzehrt wurden. Beispiele sind bestimmte Algen, Insektenprodukte oder neu entwickelte Proteine. Die Aufnahme in die sogenannte Unionsliste erfolgt nach umfassender Sicherheitsprüfung durch die EFSA und Genehmigung durch die Kommission. Unternehmen, die neue Produkte auf den Markt bringen möchten, müssen daher mit langen Verfahren und umfangreicher Dokumentation rechnen. Gleichzeitig bietet diese Regelung Verbrauchern Schutz vor potenziellen Risiken unbekannter Lebensmittelbestandteile.

Nationale Ergänzungen durch das LFGB

Das deutsche Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) bildet das nationale Dach, das die europäischen Vorgaben ergänzt. Es definiert Grundprinzipien wie den Schutz vor Täuschung, die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Lebensmitteln und die Pflichten der Unternehmer. Verstöße können nicht nur mit Bußgeldern, sondern auch mit strafrechtlichen Konsequenzen geahndet werden. Im LFGB sind zudem Zuständigkeiten von Behörden und Rechtsfolgen wie Rückrufe oder öffentliche Warnungen geregelt. Für Unternehmen in Deutschland ist es damit der wichtigste nationale Bezugspunkt neben den EU-Verordnungen.

Leitlinien und Empfehlungen als Branchenstandard

Neben verbindlichem Recht gibt es auch Richtlinien, die zwar nicht rechtsverbindlich sind, aber dennoch maßgeblich für die Praxis wirken. Dazu zählen die Leitsätze des Deutschen Lebensmittelbuchs, die vom Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission beim BMEL veröffentlicht werden. Sie beschreiben die verkehrsübliche Beschaffenheit von Lebensmitteln und dienen Gerichten und Behörden als Referenz. Auch die Richt- und Warnwerte der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) haben in der Praxis hohe Bedeutung. Sie geben mikrobiologische Orientierungswerte vor, die zwar rechtlich unverbindlich sind, aber häufig zur Beurteilung der Produktsicherheit herangezogen werden.

Hygiene, Sorgfaltspflicht und amtliche Kontrollen

Ein Grundprinzip des Lebensmittelrechts ist die Verantwortung der Unternehmer für die Sicherheit ihrer Produkte. Diese Pflicht wird durch das EU-Hygienepaket und die Verordnung (EU) 2017/625 zur amtlichen Kontrolle untermauert. Unternehmen müssen Systeme wie HACCP etablieren, ihre Prozesse dokumentieren und sicherstellen, dass Rückverfolgbarkeit und Notfallmanagement gewährleistet sind. Die Behörden prüfen dies im Rahmen von Risiko-basierten Kontrollen, die von Probenahmen über Betriebsinspektionen bis hin zu Rückrufanordnungen reichen. Verstöße können schnell öffentlich werden – insbesondere über das Portal lebensmittelwarnung.de, auf dem Bund und Länder Rückrufe und Warnungen veröffentlichen.

Verbraucherrechte und Transparenz

Ein wesentliches Element des Lebensmittelrechts ist die Stärkung der Verbraucherrechte. Mit dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) haben Bürger Anspruch auf Zugang zu Informationen über Lebensmittel und deren Sicherheit. Damit wird die Transparenz erhöht, gleichzeitig steigt der Druck auf Unternehmen, regelkonform zu arbeiten. Verbraucher können sich zudem über zentrale Portale wie das des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) oder das BMEL informieren. Diese Entwicklung zeigt: Lebensmittelrecht ist nicht nur ein Thema zwischen Unternehmen und Behörden, sondern rückt auch den Verbraucher als aktiven Partner ins Zentrum.

Aktuelle Herausforderungen und Ausblick

Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Lebensmittelrecht sind klar definiert, doch die Herausforderungen in der Praxis nehmen zu. Globalisierte Lieferketten, neue Produktentwicklungen, steigende Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenz sowie ein kritisches Verbraucherbewusstsein verlangen von Unternehmen ein Höchstmaß an Compliance. Mit der weiteren Anpassung der Bio-Verordnung, laufenden Aktualisierungen der Zusatzstoff- und Novel-Food-Regelungen und der konsequenten Umsetzung der LMIV ist auch in den kommenden Jahren mit weiteren Anpassungen zu rechnen. Digitalisierung und Datenmanagement werden dabei eine immer wichtigere Rolle spielen, um Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Rechtskonformität effizient sicherzustellen.

Das Lebensmittelrecht 2025 ist geprägt von einem klaren Ziel: den Schutz des Verbrauchers und die Sicherung fairer Marktbedingungen. Für Unternehmen bedeutet das eine hohe Verantwortung und die Notwendigkeit, ihre Prozesse kontinuierlich an neue Rechtsvorgaben anzupassen. Wer die Regelwerke kennt, proaktiv einhält und transparent kommuniziert, verschafft sich nicht nur Rechtssicherheit, sondern auch Vertrauen bei Kunden, Behörden und Geschäftspartnern. Klar ist: Lebensmittelrecht bleibt kein starres Korsett, sondern entwickelt sich stetig weiter – und damit bleibt auch die Pflicht zur Wachsamkeit in der Branche dauerhaft bestehen.